Das aus Traben-Trarbach

Casino Salon Orchester goes "Hollywood" *                           *aus MoHuAktuell 39/13

Münchner Professionalität und Hunsrücker Herzlichkeit
Sie spielen die Musik der großen UFA Tonfilme der Schellackplatten-Epoche und bieten ihren Zuhörern ein Ambiente, das die Älteren ins Schwärmen bringt und die Jüngeren unweigerlich an Fernsehproduktionen wie "Das Adlon" erinnert. Die Rede ist vom Casino-Salon-Orchester aus Traben-Trarbach, kurz CSO. Nun sind einige der 13 Musiker auch selber auf der Leinwand zu sehen: Der neue Film von Edgar Reitz "Die andere Heimat" war bereits beim 70. internationalen Film Festival in Venedig auf großes Interesse und Begeisterung gestoßen. Dort waren die mitwirkenden Musiker zwar nicht zur Premiere geladen, dafür folgt nun aber die Entschädigung bei der Deutschlandpremiere am 28. September 2013. Zu dieser ist das Orchester nach Simmern geladen, wo der Film, wie bereits seine Vorgängerfilme, traditionell im "Pro-Winzkino" präsentiert wird, bevor er europaweit in den Kinos zu sehen ist.
Hierbei wird das Orchester dann wieder vollzählig vertreten sein, da auch die weiblichen Musiker zur Premiere geladen sind. Bei den Dreharbeiten hatte sich mit Maria Notte an der Geige nur eine Frau ans Set "verirrt". "Zur damaligen Zeit war es nicht üblich, dass Frauen als fahrende Musikanten, wie wir sie darstellten, unterwegs waren.", erklärt der Gründer des Ensembles Jürgen Kullmann. Mit einem künstlichen Bart und entsprechendem Make-up wurde Maria Notte daher in einen jungen Mann vom Lande verwandelt.
Also kein Auftritt im Ballsaal mit Fliege und Federboa? Nein, eine Kirmes auf dem Dorf - die "Leckschmerkärb" - wurde musikalisch untermalt. Vom Glanz der großen Ballsäle der 30er Jahre war dabei nicht viel zu spüren: "Bart und Hut waren Pflicht, die Haare wurden uns ins Gesicht gekämmt und jeden Tag penibel die sauberen Fingernägel geschwärzt!", erinnert sich Wolfgang Fink. "Man fühlte sich in den Kulissen sofort in eine andere Zeit versetzt.", bestätigt auch Peter Malik. Da wirkten die Mitglieder der Filmcrew in ihrer modernen Kleidung teilweise fast etwas fehl am Platz.
Generell wurde bei der "Zeitreise" jedoch das Potential jedes einzelnen Darstellers genutzt. "Viele Frauen hatten im Stile der alten Zeit tatsächlich mehr Ausstrahlung als im modernen Dress. Die Natürlichkeit der Personen blieb erhalten. Niemand sah aus, als sei er einfach nur "verkleidet" worden.", berichtet Maria Notte.
Wie sehr bei den Dreharbeiten auf Authentizität geachtet wurde, zeigte sich auch in den vermeintlich banalen Details: Sogar Notenständer wurden eigens aus Holz angefertigt. Für alte Instrumente brauchte die Requisite jedoch keine Sorge zu tragen. "Die Klarinette, auf der ich spiele, stammt aus dem Jahr 1910.", erklärt Edmund Schneider. Und auch die anderen Musiker konnten mit teils antiken Instrumenten und Instrumentenkoffern aufwarten. Es scheint, als seien die Flohmärkte der Region eine wahre Schatztruhe für begeisterte Musiker und Musikliebhaber, denn auch die Originalarrangements, die zur Gründung des Orchesters führten, stammen aus solchen Haushaltsauflösungen.
Am Set wurden dann jedoch die Originalnoten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts wie Galopp, Rheinländer, Walzer und Polka gespielt - für manche gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass im Jahr 1842 Sehhilfen, also Brillen, bei der Landbevölkerung nur selten genutzt wurden, da sie schlicht zu teuer waren. Wohl dem, der während der Aufnahmen mit Kontaktlinsen Abhilfe schaffen konnte. Für alle anderen wurde es im teils dämmrigen Licht und beengten räumlichen Verhältnissen mitunter kompliziert. Dennoch ist das Orchester im Film live zu hören. Keine vorher eingespielten Playbacks, zu denen die Finger bewegt werden, sondern die reine unverstärkte Musik, die auch die Konzerte des CSO auszeichnet, dies war den Machern des Films bei den Aufnahmen wichtig.
"Es war beeindruckend wie ruhig und überlegt der Regisseur und sein Kameramann beim Dreh agierten und auch in Massenszenen durch wenige konkrete Anweisungen alle so perfekt koordinierten, dass kaum Wiederholungen bei den Aufnahmen nötig waren.", erzählt Wolfgang Fink.
Von einem "geduldigen Umgang mit den zahlreichen Laienschauspielern und Komparsen" berichtet auch Jochen Wiedemann: "Die Dreharbeiten waren geprägt von einer Mischung aus (Münchner) Professionalität und (Hunsrücker) Herzlichkeit."
Ganze vier Tage verbrachten die Musiker am Set. "Wir sind gespannt, wie viel von dem was gefilmt wurde im fertigen Film dann drin ist.", sind sich alle Mitwirkenden einig. Und: "Das war ein Erlebnis, dass man gerne wiederholen würde, auch wenn es bereits an den vier Tagen zeigte, wie viel Einsatz solche Dreharbeiten mit sich bringen!"
Doch nicht nur die Musiker, auch die Produzenten des Films sind anscheinend auf den Geschmack gekommen und haben Gefallen an dem Ensemble aus der Moselregion gefunden: Bei der Eröffnung des "Café Heimat" im Geburtshaus von Regisseur Reitz in Morbach am 6. Oktober wird das Casino Salon Orchester die musikalische Umrahmung des Festaktes übernehmen, dann aber wieder mit schwarzen Hemden statt Fingernägeln und der bewährten weiblichen Unterstützung an Klavier, Trompete, Geige und Gesang und wer weiß-� Vielleicht war es ja nicht der letzte Kinofilm mit dem CSO, zumal sich das Ensemble doch den Erhalt und die Fortführung alter Tanzmelodien und Filmschlager zur Aufgabe gemacht hat.
 

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Pressebericht Volksfreund
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